Breslau / Polen 18.4.2022
In der deutschen Ausgabe der Schweizer Wochenzeitung Die Weltwoche las ich den Artikel: Gute Kriegsverbrechen, schlechte Kriegsverbrechen.
Gute Kriegsverbrechen, böse Kriegsverbrechen, gibt es das? Ja, denn es herrscht Krieg, und da wird gerne mit zweierlei Maß gemessen. Während es gerade für westliche Journalisten ein Leichtes ist, für Reportagen über russische Kriegsverbrechen Lob und Anerkennung zu bekommen, schmort der Wikileaks-Gründer und Enthüllungsjournalist Julian Assange immer noch im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Einzelhaft und wartet auf seine Auslieferung in die USA.
In den USA droht Assange ein Schauprozess, eine Strafe von 175 Jahren Gefängnis und damit ein Todesurteil auf Raten. Assanges Vergehen: Er hat über die falschen Kriegsverbrechen berichtet. Über die Kriegsverbrechen «der Guten» in Afghanistan und im Irak. Wikileaks war die erste Plattform, die über «Collateral Murder» im Irak berichtete, einen Hubschrauber-Angriff der US-Armee auf Zivilisten und Reporter.
Assanges Ziel war es, durch radikale Transparenz Kriege zu erschweren. Nach dem Motto: Wenn Kriege mit Lügen beginnen, können Sie durch die Wahrheit beendet werden.
Jeder Krieg muss auf massiven Widerstand der Öffentlichkeit stoßen. Ja, der Krieg in der Ukraine wird keine Probleme lösen. Ich möchte jedoch das Wort “jeder” betonen. Denn hier haben wir ein großes Problem mit einer objektiven Betrachtung der politischen und humanitären Lage. Die Opfer des Krieges in der Ukraine sind zweifellos eine menschliche Tragödie und müssen aufs Schärfste verurteilt werden. Jeder Mensch, der absichtlich oder versehentlich getötet wird, unabhängig von der Sprache, die er verwendet, ist ein unnötiger und tragischer Tod.
Auch in einer Situation, in der ein solches einseitig ergangene Medienurteil entgegen den offensichtlichen Tatsachen eine Seite des Konflikts belastet. Ich frage: war der Tod von fast einer Million Menschen im Irakkrieg 2003 weniger schuldhaft als die Opfer in der Ukraine? Was ist mit denen, die während der illegalen Invasion in Afghanistan, Libyen oder Syrien getötet wurden? War der Tod von Zivilisten in diesen Ländern weniger tragisch? Es lohnt sich auch, an die Kriegsverbrechen in Vietnam oder das Polpot-Regime in Kambodscha zu erinnern.
Autor des Artikels: Marek Wojcik