Wien 19.10.2021
Giorgio Agamben, italienischer Philosoph, Essayist und Buchautor, 1942 in Rom geboren, gilt als einer der bekanntesten zeitgenössischen Philosophen. Die Idee zu diesem Artikel kam von Film KaiserTV
Vor zwei Tagen, am 17. September, schrieb er:
Giorgio Agamben: Eine Gemeinschaft in der Gesellschaft
Italien, das politische Laboratorium des Westens, in dem die Strategien der herrschenden Mächte in ihrer extremen Form im Voraus ausgearbeitet werden, ist heute ein Land des menschlichen und politischen Ruins, in dem sich eine skrupellose, zu allem entschlossene Tyrannei mit einer durch pseudoreligiösen Terror beherrschten Masse verbündet hat, die bereit ist, nicht nur die so genannten verfassungsmäßigen Freiheiten, sondern sogar jegliche Wärme in den menschlichen Beziehungen zu opfern.
Zu glauben, dass der „Green Pass“ eine Rückkehr zur Normalität bedeutet, ist in der Tat naiv. So wie bereits ein dritter Impfstoff eingeführt wurde, werden Notsituationen eingeführt und rote Zonen ausgerufen werden, solange die Regierung und die Machthaber dies für sinnvoll halten.
Und es sind diejenigen, die unklugerweise gehorcht haben, die den Preis dafür zahlen werden.
Unter diesen Bedingungen müssen die Dissidenten, ohne jedes mögliche Instrument des unmittelbaren Widerstands aufzugeben, darüber nachdenken, so etwas wie eine Gesellschaft in der Gesellschaft zu schaffen, eine Gemeinschaft von Freunden und Nachbarn innerhalb der Gesellschaft der Feindschaft und der Distanz.
Die Formen dieser neuen Verborgenheit, die sich so weit wie möglich von den Institutionen unabhängig machen muss, müssen von Zeit zu Zeit überdacht und erprobt werden, aber nur sie können das menschliche Überleben in einer Welt garantieren, die sich einer mehr oder weniger bewussten Selbstzerstörung verschrieben hat.
Von Giorgio Agamben, 17. September 2021. Quelle: Quodlibet.it (Dt. Übersetzung: Bernadette Conrads)
Autor des Artikels: Marek Wojcik